Mein Weg zum Schreiben
In diesem Artikel erfährst du, wie ich in meiner Autorenausbildung das Handwerkszeug des Schreibens gelernt habe. Und wie ich dadurch tatsächlich Autorin geworden bin.
„Alles Gute, Frau Mertens!“ Ich sah der Personalreferentin das Bedauern im Gesicht an. Es tat ihr leid, mir diesen Satz sagen zu müssen. Der warme Händedruck war unvermeidbar, dann verließ ich den Raum und holte tief Luft. Ich hatte gerade meinen Arbeitsplatz verloren.
Klar, natürlich gab es ein faires Abfindungs-Paket, das mir den Ausstieg erleichterte. Aber nach vielen Berufsjahren fiel mir der Abschied sehr schwer. 26 Jahre lang war ich für wissenschaftliche Texte, Artikel und Vorträge in der pharmazeutischen Firma bei uns in Aachen zuständig. Über zwanzig Jahre lang schreiben, recherchieren, dokumentieren. Aus gesundheitlichen Gründen gehörte ich vor drei Jahren zu den über 400 Mitarbeitern, von denen die Firma sich wegen großflächiger Umstrukturierung trennen musste.
Was tun nach der Kündigung?
Jeder, der schon einmal in dieser Situation gesteckt hat, weiß, wie merkwürdig es sich anfühlt, plötzlich Zeit ohne Ende zu haben. Wie gestalte ich von nun an mein Leben sinnvoll, wertschöpfend und bin glücklich dabei?
Eine neue Stelle zu suchen kam für mich nicht in Frage –ich war Ende 50, nach meiner Knochenmarktransplantation gesundheitlich angeschlagen und meine Ärzte rieten mir dazu, mich von nun an auf meine Gesundheit zu besinnen.
Ich war nicht lange traurig über den Verlust meines Jobs, denn ich hatte einen Plan. Ich wollte meinen langgehegten Wunsch wahrmachen, über etwas anderes zu schreiben als immer nur Wissenschaft. Ich wollte lernen, einen Roman zu schreiben.
Die Geschichte dazu hatte ich bereits im Kopf, doch erste Versuche, sie zu Papier zu bringen zeigten mir, dass das ja gar nicht so einfach ist. Die Kapitel, die ich schrieb, ließen sich nicht flüssig lesen. Sie klangen eher nach Tagebucheinträgen und waren überhaupt nicht spannend. Alleine kam ich da nicht weiter.
Ich erinnerte mich an die Ausschreibung für ein Stipendium in der Autorenausbildung der Schreibschule „Schreibhain“ in Berlin. Schnell schrieb ich die geforderte Kurzgeschichte, einen Kurzkrimi, und schickte ihn hoffnungsvoll ein.
Natürlich bekam ich das Stipendium nicht. Doch ich erhielt eine E-Mail, in der mir bestätigt wurde, dass ich gerne an der Ausbildung teilnehmen könnte. Es gäbe wohl Potential in meinem Schreibstil.
In dem Moment, in dem ich mich für die Ausbildung anmeldete, verschwand meine Wehmut über den verlorenen Arbeitsplatz. Ich hatte ein neues Projekt, eine neue Vision und dazu sogar auch noch die nötige Zeit, ein so großes Vorhaben in die Tat umzusetzen. Vielleicht war es sogar Glücksfall, nicht mehr arbeiten zu müssen?
Meine Autorenausbildung am Schreibhain
Der „Schreibhain“ ist eine Autorenschule, mitten in Berlin. Neben der Autorenausbildung werden auch Workshops, Lektorat und eine Meisterklasse für fortgeschrittene Autoren angeboten.
Die Autorenausbildung hat mich interessiert, weil sie die für mich passende Struktur aufwies: 18 Monate lang findet jeden Monat ein intensives Schreibwochenende in der Gruppe statt. Hier wird zwei Tage lang von morgens bis abends in den gemütlichen und sehr inspirierenden Räumlichkeiten des Hains gearbeitet.
Die Gruppe besteht aus maximal 12 Teilnehmer/innen, die meisten kommen natürlich aus Berlin. Ich hatte die weiteste Anreise aus Aachen, lernte aber bald eine andere Teilnehmerin aus Süddeutschland kennen, mit der ich abends viel in Berlin unternehmen konnte. Ein Glücksfall, Für mich von der entgegengesetzten Himmelsrichtung Deutschlands wurden diese Wochenenden somit jedesmal zu einem Highlight. Schreiben und Berlin erleben - wie toll ist das denn!
Der erste Workshop
Am ersten Schreibtag war ich sehr aufgeregt. Ich hatte mich auf etwas ganz Neues eingelassen – hier ging es nicht mehr um Power Point Präsentationen, wissenschaftliche Daten oder Diskussionen. Hier standen schöne Formulierungen im Vordergrund - Texte, die dem Zuhörer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Ohweia, ich fühlte mich ein wenig verloren. Meine Mitstreiterinnen waren vielfach erfahrene Schreiberlinge, hatten Germanistik studiert und waren oft Journalisten. Oder sie konnten einfach wunderschöne Texte schreiben. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Doch schon in den ersten Schreibübungen spürte ich den Flow. Ich lernte, mich auf mich und meine innere Stimme zu konzentrieren und meine Gedanken in Worte zu fassen. Vielleicht war es wirklich nicht so schwer, schreiben zu lernen?
Die Inhalte
Das Schreiben besteht zu einem großen Teil aus Handwerk, das habe ich sehr schnell erfahren. Die theoretischen Teile in unserem Kurs waren gut aufgebaut. Folgende Inhalte lernten wir während der Entwicklung unseres ersten Romans:
Figuren – der Schlüssel für gute Romane
Der Plot – Plot Techniken, wie die Heldenreise, der 3, 5 oder 7-Akter
Wie schreibe ich eine gute Szene
Wie schreibe ich einen guten Dialog
Die einzelnen Genres – Wir lernten sie alle kennen, den Liebesroman, Kriminalroman & Thriller, Entwicklungsroman, historischer Roman, Fantasy und Science Fiction
Was gefiel mir besonders gut bei der Autorenausbildung?
Die Atmosphäre
Ich habe die Schreibatmosphäre geliebt. Wir hatten zwei große Räume im Schreibhain zur Verfügung, und neben theoretischen Blöcken haben wir tatsächlich die meiste Zeit mit Schreiben verbracht. Ich habe es geliebt, wenn die Federn über das Papier kratzten, der eine oder andere Seufzer aus der Sofaecke kam und dass ich unendlich viele Gummibärchen und Pfefferminztee in rauhen Mengen zur Verfügung hatte, um diese verflixt schwierigen Schreibübungen zu bewältigen.
Das Gemeinsame Schreiben und lernen daraus.
Ich hätte nie gedacht, wie wichtig es ist, Texte von anderen aufmerksam zu lesen. Ich habe so viele inspirierende Texte gehört und jeder einzelne von ihnen hat mich aufs Neue motiviert – so gut wollte ich auch schreiben können!
Die intensive Betreuung unserer Schreibcoaches.
Tanja Steinlechner und Astrid Ule sind nicht nur erfahrene Autorinnen, sie sind auch ausgezeichnete Schreibtrainer. Ihre Energie, sich mit jeder unserer einzelnen Geschichten intensiv zu befassen und das Beste für uns dort herauszuholen, war faszinierend. Ich lernte, wie ich die Geschichte einer Krankheitsbewältigung spannend aufarbeite, und wie ich die Entwicklung meiner Hauptfiguren anschaulich darstelle,
Ich freue mich besonders über die Freundschaften, die sich in diesem Kurs entwickelt haben. Mit drei Schreibfreundinnen, aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands kommend, treffe ich mich immer noch regelmäßig zum Schreiben.
Was habe ich gelernt? Der Pitch der Autorenausbildung
Am Ende der Ausbildung stand der Pitch – die Präsentation unserer Roman-Anfänge vor Buchverlagen und Literaturagenturen. Was für eine spannende Veranstaltung, die wir sorgsam und vor allen Dingen aufgeregt vorbereiteten!
Am 2. Mai 2019 war es soweit und ich durfte das Kapitel 5 aus Annas Blut vor vielen Zuhörern vorlesen. Ich konnte fast jedes Wort auswendig.
Nach dem Pitch war ich erleichtert, so weit gekommen zu sein. Ich hatte so viel neues gelernt und habe mich durch das Schreiben im Schreibhain verändert. Meine Geschichte war zur Hälfte auf dem Papier und ich wusste, wie ich sie zuende schreiben sollte.
Mission erfüllt: Verlag gefunden, Roman veröffentlicht
An diesem Tag war die Inhaberin eines kleinen Berliner Verlages und interessierte sich für Annas Blut. Bis ich das Manuskript fertig geschrieben hatte und ich den Vertrag mit dem Simon Verlag f. Bibliothekswissenschaften erhielt, dauerte es noch über ein Jahr. Ende März 2021 erschien Annas Blut.
Meine Reise zur Autorin eines ersten Romanes hat dreieinhalb Jahre gedauert. Ich habe keine Minute davon bereut.
Meine Tipps, wie du Autor/in wirst
Wenn auch du schreiben lernen möchtest und schon eine Idee für ein Buch im Kopf hast, kann ich dir folgende Tipps geben:
Suche dir Mitstreiter/innen, mit denen du gemeinsam schreiben kannst. Es gibt in vielen Städten Schreibkurse oder Schreibgruppen. Das gemeinsame Schreiben motiviert dich und du lernst darüber hinaus auch von anderen.
Lerne das Handwerkszeug: Dies kannst du entweder in Schreibkursen, mit Schreibratgebern (Büchern), oder in online übers Internet. Jedes dieser Punkte hat Vor- und Nachteile. Ein Schreibkurs, so wie meine Autorenausbildung ist zeitaufwändig, und kostet eine Menge. Wenn du einen zeitintensiven Beruf hast und nur in deiner Freizeit schreiben kannst, ist das Lernen über Bücher oder online Schreibkurse vielleicht die bessere Option für dich.
Probiere es einfach einmal aus. Schreibe zu Beginn eine Szene, die du schon genau im Kopf hast und formuliere einfach mal ein Kapitel, so wie du es gerne lesen möchtest. Schau, was das Schreiben mit dir macht - kommst du leicht in den Schreibflow? Oder fühlst du dich blockiert von dem weißen Blatt vor dir (oder auf deinem Bildschirm)? Gib nicht auf, wenn es dir zu Beginn schwer fällt, denn glaube mir, alle Autoren haben einmal so angefangen!
Mein Fazit: Wie geht es als Autorin für mich weiter?
Mein erster Roman Annas Blut hat seinen Weg in die Öffentlichkeit gemacht. Mich erreichen fast täglich begeisterte Leserstimmen, über dich ich mich sehr freue. Diese Geschichte ist mein Erstlingswerk, aber sie hat schon viele andere Menschen in meine Welt entführt und sie zum Nachdenken gebracht.
Ich werde weiterschreiben. Das zweite Buch zu schreiben, ist schwierig, aber ich habe eine Idee für ein neues Buch. Da ich so viel Freude daran hatte, einen Teil meiner eigenen Erfahrungen des Lebens in "Annas Blut" zu verarbeiten, wird es wahrscheinlich wieder ein biografisch geprägter Roman werden. Dieses Mal über eine andere, wichtige Person meiner Familie. Nach den Sommerferien geht es los: Ich fange mit der Figurenentwicklung an, und schreibe dann den Plot auf, den ich schon im Kopf habe. Ich freue mich schon drauf.
Klingt spannend für dich? Dann folge mir doch hier auf meiner Seite und melde dich für meinen Newsletter an. Ich nehme dich ab sofort auf allen Etappen des Romanschreibens mit! Es wird sehr spannend!
Und wenn du Fragen zum schreiben hast, schreibe sie mir doch gerne in den Kommentaren. Oder schicke mir eine EMail. Ich freue mich darauf!
Bilder von Júnior Ferreira on Unsplash und Nick Morrison on Unsplash
Liebe Annette,
da bin ich nun in deinem Newsletter gelandet. Und weißt du warum? Ich war neugierig auf dich. Wie du es geschafft hast, ein Buch zu schreiben. Und zu veröffentlichen.
Ich finde es toll, dass du den Kopf nicht hängen lassen hast. Und dir einen neuen Stern gesucht hast. Denn das ist es, was auch mein Leben dauerhaft begleitet.
Ich habe IMMER einen Plan B. Und wenn der nicht klappt, dann wird es eben C,D oder X.
Ich bin jedenfalls gespannt, was ich von dir noch so zum Thema schreiben lernen kann.
Bis demnächst
Liebe Grüße
Andrea
So wundervoll, liebe Annette. Auch ich wurde (schon mit 20 Jahren) krankheitsbedingt und dazu in der Probezeit entlassen, sogar mit dem Hinweis, ich könne nie wieder in meinem (gerade examinierten) Beruf arbeiten.
Wie gerne hätte ich damals mein Schicksal aufgeschrieben, doch ich hörte zu wenig auf mich selbst, na ja, so war das eben.
Um so besser ist es, dass ich jetzt, so wie Du, blogge und mir selbst und auch meiner Leserschaft eine Freude machen kann.
Dass ich Deinen Newsletter abonniere, ist Ehrensache.
Ganz herzliche Grüße
Margaretha